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Metropolitan Lights & Urban Flashes


Kinostart 11.11.2018

Kurzfilme von Peter Hutton, Stan Brakhage, Marie Menken, D.A., Pennebaker und Helen Levitt

New York im Film – das ergibt ein spannendes, vielfältiges und buntes Mosaik des modernen Lebensstils unter Starkstrom. Die amerikanische Großstadt New York City bzw. der innere Stadtbezirk von Manhattan, von der Wiener Polemiker Adolf Loos anlässlich seines Aufenthalts zur Jahrhundertwende schon sagte, sie sei nur für „Menschen mit modernen Nerven“ geschaffen. Im dritten Teil unserer Filmretrospektive zu Manhattan im Rahmen der Arch.Film-Matinée im Herbst 2018 werden aktuelle und historische Filmpoems und seltene dokumentarische Filmessays vorgestellt: New York City im Medium Film hat diverse Zugänge und ermöglicht unterschiedliche Sichtweisen auf die Stadt am Hudson River.

Besonders die Hochhausstadt Manhattan mit ihren typischen, „on locations“ Schauplätze und damit verbundenen Konnotationen, erfüllt mit Erfindung und Entwicklung der Photo- und Kinematographie im 20. Jahrhundert eine präzise topographische, semantische und syntaktische Funktion im Spiel- und Dokumentarfilm, gleichfalls im frühen Kintopp-Kino und im amerikanischen Avantgarde-Film seit den 1920er bis 1960er Jahren. Die amerikanische „Superstadt“ der Wolkenkratzer, als Paradigma der kinetischen Modern seit Fritz Langs Science-Fiction-Fabel „Metropolis“ (1926), ist deutlich öfter nicht nur ein häufiger Spielort und Bezugspunkt für Straßenfilme und ein beliebter Topos für Authentizität geladene Dokumentar- und Kunstfilme, sondern auch eine aktionsgeladene und sinnlich bezogene oder einfach eine atmosphärische Kulisse für den mythologischen Filmraum im Kino.

Manhattan im Kino ermöglicht Einblicke in einem verdichteten Stadtraum oder urbanen Fantasie- und Illusionsraum, der sich in den Köpfen der Zuschauer seit Generationen verdichtet und festsetzt. Es ist daher nicht zufällig, dass New York und nicht Los Angeles die meist verfilmte Stadt der Filmgeschichte geworden ist. Denn die häufige filmische und ikonographische Abbildung und mediale Darstellung der Superstadt am Hudson bewirkte einerseits die Mythenbildung um diesen Ort, andererseits führte die Imagination des Publikums dazu, dass – trotz der Bevorzugung gewisser Klischees und Muster von dem sprichwörtlichen „melting pot“ der Erde – insgesamt ein vielfältiges und buntes Bild der Metropole gezeigt wird. Die Retrospektive bietet daher eine selektive Filmreise dorthin und eine imaginäre Exkursion (vielleicht Chimäre) durch das Thema der globalen Verstädterung der Zukunft

Einführung durch Kurator Helmut Weihsmann

Mit den Filmen (gesamt 82 min):

In the Street
Helen Levitt | USA 1948-51 | 16min | SW | stumm | 16mm

Im Mittelpunkt des poetischen Films stehen die spielenden Straßenkinder der Upper Westside von Manhattan, die die damals noch autofreien Straßen oder leeren Baustellen zum Spielfeld oder Straßentheater machten. Der unprätentiöse, äußerst liebevoll gemachte Kurzfilm entstand aus dem Restmaterial von Sidney Meyers Spielfilm The Quiet One (1949), der als erstes Dokument der amerikanischen „Cinéma-Vérité“-Bewegung von großer Bedeutung für die weitere Entwicklung im Bereich des „unabhängigen“ Films sowie des Genres der „street photography“ wurde. Die beiden LIFE-Fotoreporterinnen Helen Levitt und Janice Loeb, gemeinsam mit dem bekannten kritischen Journalisten und Schriftsteller James Agee, fingen das lebendige Milieu der New Yorker Gettos mit einer versteckten Filmkamera ein.

Daybreak Express
D. A. Pennebaker | USA 1953 | 6min | Farbe | 16mm | Musik: „Daybreak Express“ von Duke Ellington.

Unter Verwendung der Tonspur einer alten Schallplattenaufnahme von Duke Ellingtons gleichnamiger Komposition „Daybreak Express“ aus dem Jahr 1934 schuf der gefeierte Dokumentarist Don Pennebaker aus der „Primary Group“ um Richard Leacock, Robert Drew und den Brüdern Maysles ein kleines filmisches Meisterwerk von einer stakkato-artigen Zufahrt über Manhattans ehemaliges Hochbahnnetz der „Third Avenue E1“ ins Stadtzentrum zum Times Square hinein zu den riffartigen Klängen des schwingvollen Orchesters von Duke Ellington. Das programmatische Musikstück betont zudem den Rhythmus, das Tempo und den Gehalt des experimentellen, handgekurbelten und allerersten Farbfilms von Pennebaker in virtuoser Art und Weise.

Go-Go-Go
Marie Menken | USA 1962-64 | 11min | Farbe | OF | 16mm

Menkens meist stumm gedrehte, unter sagenhat unzulänglichen Amateurbedingungen hergestellte Filmwerke gleichen privaten Filmskizzen oder tagebuchartigen Notizen ihrer Wohnwelt und Reisen. Go, Go, Go! zeigt ein privates New York im Zeitraffer mit unterschiedlichen Schauplätzen und Menschentypen. „Eine Tour-de-France“, so Marie Menkel einmal, „von menschlicher Aktivität in meiner Heimatstadt“.

The Wonder Ring
Stan Brakhage | USA 1955 | 4min | Farbe | stumm | 16mm

Auf Anregung des Malers Joseph Cornell drehte Filmkünstler Stan Brakhage das seltene Dokument auf der abgerissenen Städtischen Hochbahn „Third Avenue E1“. Im schnellen Rhythmus der Montage untersucht dabei Brakhage querschnittartig den Charakter des U-Bahnnetzes der Stadt an den verschiedensten Stationen und Orten der Bahnlinie, um ein Bild von der Dynamik und Rasanz des innerstädtischen Verkehrs zu vermitteln. Die Vielfältigkeit und Komplexität der urbanen Zwischenräume und Ballungszentren von Manhattan wird durch entsprechende Einstellungen und Bildsequenzen zu einer „Bild-Collage“ zum Ausdruck gebracht. Die Vision des Zuschauers hat seinen privaten Platz in den Lücken der Wahrnehmung.

New York Chapters [Folge #1, #2, #3]
Peter Hutton | USA 1973-90 | 45min | SW | stumm | 16mm

Diese filmische Trilogie ist sowohl poetisches, urbanes Stilleben, als auch eine eigenwillig persönliche Darstellung der Atmosphäre und des düster-heiteren Innenlebens von Manhattan aus der Sicht eines teilnahmslosen Flaneurs mit der Kamera. Der Film zeigt Ausschnitte von Manhattan, den Wandel und den temporären Stillstand einer Stadt bei Naturereignissen wie einem Blizzard. Die Trilogie widersteht aber auch der kalten, formalen Ironie der New Yorker Filmschule und kultiviert stattdessen eine introspektive, verletzbare Empfindsamkeit, die sich darum bemüht, eine intensive Beziehung zu den Kräften der Natur herzustellen.

 


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